Mittwoch, 19. September 2012

Bicistaffetta 2012 - Prolog

11.09.2012, Villach - Tarvisio, 40 km

Fortsetzung: 12.09.2012, Tarvisio - Udine

Die Bicistaffetta ist eines der ambitioniertesten Projekte des Allgemeinen Fahrradclubs Italiens "FIAB" (Federazione Italiana Amici della Bicicletta) um die Schaffung des nationalen Fernradwegenetzes "BicItalia" voranzutreiben. Zum ersten Mal fand die Bicistaffetta im Jahr 2001 statt und die 12. Ausgabe dieses Ereignisses führte die Abordnung auf dieselben Wege der ersten Veranstaltung zurück. Im einzelnen sind das die Route Nr. 5 der BicItalia von Tarvisio nach Grado und Nr. 8 des EuroVelo Fernradwegenetzes von Grado nach Ravenna.
50 Teilnehmer machten sich am 12.09.2012 auf den 355 Km langen Weg von Tarvisio, am äussersten nord-östlichen Ende Italiens, nach Ravenna, einer der kulturreichsten Städte in der Emilia Romagna. Als Instrument der institutionalen Kommunikation ist es ein Hauptziel der Bicistaffetta, während der Tour mit regionalen und lokalen Politikern und Verantwortlichen zusammenzutreffen und dabei den Bestand der Strecke zu erörtern, die Verbesserungen einzelner Abschnitte anzumahnen, für eine bessere Beschilderung und Bewerbung der Strecke zu werben und die bereits vorhandene Sensibilität für die wachsende ökologische und ökonomische Bedeutung des Fahrradtourismus in Italien zu stärken.
Unter den Teilnehmern befanden sich Verantwortliche der FIAB auf regionaler und lokaler Ebene, allen voran der Präsident der FIAB Antonio Dalla Venezia und der Däne Jens Eric Larsen, Mitbegründer des EuroVelo Gedanken und Mitglied des EuroVelo Council, das massgebliche Instrument zur Benennung und Schaffung neuer EuroVelo Routen.
Meine Wenigkeit war dann auch noch dabei, als offizieller Berichterstatter des ADFC und leidenschaftlicher Italien- und Radfan.

Für mich ging es bereits am 11.09. in der Früh los. Der Zug von München nach Villach brachte mich für günstige 29,- € mitsamt Rad in vier Stunden nach Villach. Die Radtransportsituation war dergestalt, das im gesamten Zug nur Platz für zwei (!) Fahrräder vorhanden war und ich ohne meine vorzeitige Buchung kaum einen der beiden Plätze bekommen hätte.
In Villach erfreute ich mich erstmal des schönen Wetters und machte Bekanntschaft mit einem kenianischen Pärchen, mit dem ich mich eine Weile über Österreich, Kenia und das jährliche Harley Davidson Treffen unterhielt, das kurz zuvor hunderte Rocker nach Villach geführt hatte. Als die Sprache zum Rad führte erzählten sie mir erstmal die Story vom befreundeten Holländer, der von Ägypten zum Kap der Guten Hoffung geradelt war. Soweit wollte ich dann doch nicht fahren und erinnerte mich, dass ich immerhin noch bis Tarvisio zu fahren hatte. Ich bedankte mich für das nette Gespräch, wünschte alles Gute und fuhr nach einer kleinen Innenstadtbesichtigung entlang der Drau in Richtung der nahen süd-westlichen Berge.
Gipfel um Tarvisio
Die Strecke ist ein Teil des Ciclovia Alpe Adria Radweges, der von Salzburg ebenfalls nach Grado führt. Unwweit von Villach fliesst die Drau weiter Richtung Süden, während der Radweg fast unmerklich neben einem in die Drau mündenden Gebirgsfluss weiterverläuft. Welchen Namen dieser Fluss führt sollte ich bei einem erfrischendem Bad in dem kalten Gewässer nebenbei erfahren. Es war sehr heiss, die Strecke ging stets leicht bergan und der Schweiss begann in Strömen zu fließen. Da der Weg laut GPS an der nächsten Brücke vom Flusslauf Abschied nehmen und sich den Bergen zuwenden sollte, suchte ich mir einen schönen Badeplatz und warf mich in die Fluten.
Erfrischungsbad in der Gail
Kurz vor der Weiterfahrt rief ich einem Pärchen in der Nähe die Frage zu, wie der Fluss denn hiesse und bekam zur Antwort: "Geil". Ich konnte meine Gegenfrage nicht mal zuende formulieren, da kam schon die Buchstabierung: "G-A-I-L". Gelächter beiderseits, Grussformalitäten und Weiterfahrt.

Eine ausrangierte Lok der ÖBB

An der nächsten Brücke bog ich in den Tarvisio Radweg ein und verliess für eine Weile die flussnahen Wege. Auf unterschiedlich attraktiven Wegen näherte ich mich der italienischen Grenze und wunderte mich, wie lange der zu erwartende Aufstieg noch auf sich warten liess. Bis auf ein paar kleine Stiche wurden die ca. 250 Höhenmeter aber auf Ziehwegen absolviert. Bei Überqueerung der Grenze ging es aber doch ein paarmal zur Sache. Nicht aufregend aber mit Gepäck auch nicht gerade ein Spatziergang. Der Radweg wurde jedoch merklich besser.

Erster Eindruck der BicItalia N°5
Eine gut drei Meter breite Fahrbahn mit Mittelstreifen lud zum entspannten Dahingleiten ein. So ging es auf dieser gutbeschilderten Fahrradstrasse weiter bis zum Ziel in Tarvisio, das ich als erster der Gruppe erreichte. Ich begab mich direkt zum guten Hotel Nevada um mich einzuquartieren und mir eine Dusche zu gönnen. Danach gab's den obligatorischen ersten italienischen Cappuccino, eine Wohltat und nicht mit der teueren Plörre zu vergleichen, die man in Deutschland genötigt ist zu schlucken und man weiß man ist angekommen.

Gespannt wartete ich jetzt auf die Ankunft der Teilnehmer. Einige andere Frühankommer wie Agostino Bran (Funktionär der FIAB-Aruotalibera Pordenone) und Attilio Pellarini (Präsident der FIAB-Aruotalibera Pordenone) hatte ich bereits kennengelernt. Die Aruotalibera Pordenone ist der verantwortliche FIAB Kreisverband, der mit der Organisation und Durchführung betraut war und auch die Gruppenführung bis Chioggia innehatte. Bestandteil des Organisationsablaufes war zudem die Koordination der Anreise. Die Teilnehmer wurden im Mi-Co-Tra Zug entlang der Bahnstrecke Udine-Tarvisio aufgesammelt und zum Hotel geführt.

Viele der Ankömmlinge kannten die Wartenden bereits und es gab ein grosses Hallo. Bereits am ersten Abend war zu erkennen, dass der Tagesablauf stets straff organisiert war. Die Gruppe war kaum angekommen, da ging es schon zum ersten offiziellen Treffen mit Carlantoni Renato, dem Bürgermeister der Kommune Tarvisio. Da FIAB Präsident Antonio Dalla Venezia noch nicht eingetroffen war, übernahm Attilio Pellarini zusammen mit Vanni Tissino, einem weiteren Funktionär der Aruotalibera Pordenone, die Begrüssung der
Teilnehmer und den Austausch von Trikot und Stadtwimpel mit Bürgermeister Renato. Allgemeinen Informationen zum Ablauf der Tour folgten Einzelheiten zur Etappe des folgenden Tages, die zu Beginn auf der stillgelegten Strecke der ehemaligen Pontebbana, einer Zugverbindung die Tarvisio mit Pontebbe verband. Der Stadt- und Kommunalrat der Kommune Tarvisio beschloß vor über 10 Jahren den Kauf der stillgelegten Strecke und den Umbau derselben zu einem Fernradwegsabschnitt, der seinesgleichen sucht. Die Herausforderung war nicht gering. Die alten Gleiskörper mussten entfernt, Tunnel und Brücken wiederhergestellt oder saniert werden. Der Strassenbelag musste gelegt werden, Beleuchtungsvorrichtungen installiert und Rastplätze angelegt werden.
Carlantonio Renato (Mitte, Foto: M.G. Berti)

Der Bürgermeister räumte ein, dass aufgrund der momentanen ökönomischen Krise noch nicht alle Abschnitte realisiert werden konnten. Einige Bahndammabschnitte, die neu aufgeschüttet werden müssen, wurden hintenangestellt, ein Tunnelabschnitt konnte wegen technischer Probleme nicht fertig gestellt werden und im letzten Abschnitt gab es Unstimmigkeiten bei der Zuständigkeit.

A. Pellarini, C. Renato (Foto: M.G. Berti)
Erschwerend  kam noch der mittlerweile begonnene Ausbau der Autobahn A23 von Villach nach Udine, die bei  übergeordneten Instanzen volle Priorität geniesst, was ja leider keine Überraschung an sich darstellt. Bürgermeister Renato beteuerte trotzdem an dem Ziel festhalten zu wollen, die Strecke in 2013 fertigzustellen.

Pellarini, Renato, Tissini(Foto: M.G. Berti)
Danach ging es an die Überreichung des Stadtwappens an Attilio und der Bürgermeister durfte sich über ein offizielles Bicistaffetta Trikot freuen.


Jetzt endlich konnte die Gruppe sich im Hotel frisch machen und bei einem ersten gemeinsamen Abendessen mit Köstlichkeiten der Region wurden Kontakte geknüpft und vertieft bis man sich müde und voller aufgeregter Erwartung in die Zimmer zurückzog.



Weiter geht es in Kürze mit Teil 1 der Bicistaffetta 2012.

Steinschlagmassnahmen
Beschilderung BicItalia 5
Tarvisio


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